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Be water, my friend

Was Menschen, Teams und Organisationen aus intelligenten Ideen von 28 Persönlichkeiten lernen können, um die Herausforderungen unseres jungen 21. Jahrhunderts besser meistern zu können

von Steffi Burkhart (Herausgeber:in)
295 Seiten

Zusammenfassung

In diesem Sammelwerk stecken viele intelligente Gedanken und Ideen von 29 Autoren/innen wie beispielsweise Professor Gunter Dueck, Moderatorin Nina Ruge, Fußballweltmeister Per Mertesacker, Professorin Jutta Rump, Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx oder Katharina Dienes und Dr. Stefan Rief vom Fraunhofer IAO, die zum Mitdenken und Weiterdenken anregen, um Probleme zu lösen, Ideen zu formulieren und Visionen zu entwickeln, um unser junges 21. Jahrhundert besser meistern zu können.
Die deutliche Veränderung des Klimas, aufkommender Populismus, das tendenzielle Auseinanderdriften der Einkommen und Vermögen, der Kampf um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen, explodierende Sozialbudgets, die Herausforderungen der Migration oder die Auswirkungen der Corona-Pandemie – das alles sind sichtbare Zeichen: Wir leben in einer Umbruch- oder Transformationsphase.
Gemeinsam müssen wir die vor uns stehenden Aufgaben und Herausforderungen bestmöglich lösen, denn es geht um nicht mehr und weniger als die Zukunft unseres Planeten, unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft und die Zukunft junger Generationen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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MATTHIAS HORX

Er ist einer der einflussreichsten Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum. Er war Journalist bei namhaften Medien und beschrieb schon vor 40 Jahren den Wandel des Zeitgeists in modernen Gesellschaften. Seine publizistische Arbeit umfasst mehrere Bestseller. Im Jahr 2000 gründete er das ZUKUNFTSINSTITUT, ein ThinkTank zur Visionsberatung von Unternehmen (www.zukunftsinstitut.de).

www.horx.com

11MATTHIAS HORX

BE WATER
VORWORT

Wie sind wir in dieses Jahr 2020, in dieses neue Jahrzehnt gestartet? Optimistisch und voller Tatendrang. Von den neuen, goldenen Zwanzigern war die Rede. Nur vereinzelt hörte man von einer epidemischen Grippewelle, weit entfernt in China. Kein Anlass zur Sorge. Der Skiurlaub war fest eingeplant, Karnevalssitzungen fanden statt, Bieranstiche ebenso. Und jetzt? Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, sind wir in einer Krise und befürchten eine „Zweite Welle“ der weltweiten Pandemie.

Krisen haben einen unterschiedlichen Fußabdruck, sie hinterlassen unterschiedliche Veränderungen in unseren Wirtschafts- und Kulturformen. Die Corona-Krise unterscheidet sich von vergangenen Krisen wie etwa der Finanz- oder der Flüchtlingskrise dadurch, dass ALLE Schichten unserer Existenz berührt und befragt werden: Politik, Wirtschaft, Institutionen, Kultur, Moral, aber auch das menschliche Selbstgefühl, unsere existentielle Identität. Diese Krise ist wie keine andere der letzten 50 Jahre eine Selbsterfahrung der Gesellschaft, in der sich auch Sinn- und Ethikfragen neu stellen. Sie beschleunigt damit Prozesse, die VOR der Krise bereits latent im Gange waren, aber nicht zum Durchbruch kamen. Um zu verstehen, was sich „nach Corona” dauerhaft verändern wird, brauchen wir ein ganzheitliches Modell des Wandels, des „Systems der Systeme”, das unsere Zukunft erzeugt.

Für alle Generationen, die Jungen, die Alten, die in den mittleren Jahren, bleiben drei Wahrheiten der Corona-Krise:

121 WIR SIND UND BLEIBEN TEIL DER NATUR

Im Wald oberhalb meines Hauses am Wiener Stadtrand finden sich seit vielen Wochen seltsame Holzkonstruktionen an den Bäumen. Zeltähnliche Pyramiden aus Ästen und Zweigen. Zuerst dachte ich, dass das Kinder waren, die im Wald „Indianer“ spielten (darf man das noch?). Aber dann sah ich in der frühsommerlichen Abenddämmerung immer wieder Paare, Gruppen oder auch einzelne Menschen mit und ohne Hund in diesen Asthäusern sitzen. Sie schwiegen, oder sprachen sehr leise miteinander. Die Covid-Krise hat tatsächlich eine innere Botschaft, die man verwerfen oder annehmen kann. Negativ formuliert lautet diese Botschaft: Wir können der Natur nicht entkommen.

Positiv: Wir sind immerzu mit der Natur verbunden. Wir sind und bleiben ein lebendiger Teil von ihr. Obwohl die technische-industrielle Zivilisation mit aller Macht versucht, eine Barriere zwischen der menschlichen Existenz und dem Natürlichen zu errichten (derzeit besonders sichtbar durch Masken und monströse Plastikhüllen), zeigt uns das Virus, dass eben dies eine Illusion ist. 50 Prozent unserer Human-DNA besteht aus integrierter Viren-DNA. Wir sind Teil der mikrobiologischen Welt, der ewigen Evolution des Lebendigen. Und würden wir uns endgültig von ihr trennen, wäre die Humanevolution zu Ende. Durch die Covid-Krise hindurch wird sichtbar, wie wir wirklich Schutz und Stabilität finden können: Indem wir uns wieder auf das Lebendige, das Vielfältige, das Wachsende und Vergehende einlassen. Indem wir wieder in Verbindung mit der Natur treten. Nicht, indem wir uns ihr unterwerfen. Sondern indem wir in einen neuen Dialog mit ihr treten.

Es ist kein Zufall, dass alle Sektoren, die etwas mit Natur zu tun haben, jetzt dauerhaft boomen: Garten. Fahrradfahren. Wandern. Schrebergärten. Natural Cooking. Achtsamkeitstechniken. Atmen…

2 DAS DIGITALE IST NICHT REAL

Warum hatten Kirchen und Religionen in dieser Krise so wenig zu Lösung und Hoffnung beizutragen? Ich habe eine Vermutung: In den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Religion ausgebildet, die die transzendenten Energien des Religiösen in sich aufgesogen hat. Der Digitalismus. Der Digitalismus (nicht zu verwechseln mit der digitalen Technik als Instrument, als sinnvolles Tool) will uns glauben machen, 13dass alle menschlichen Probleme durch die Macht der Computer ERLÖST werden können. Vom Stau über die Produktivität bis zur Sterblichkeit. Von der Gesundheit über das Lernen bis zur Arbeitsproduktivität. Erlösungs-Kulte erkennt man an ihrem unverrückbaren Dogma. Das Hosianna des Digitalismus lautet Quantencomputer, Blockchain, Internet of Things, Smart Living, automatisches Fahren…

Künstliche Intelligenz ist der neue Gott, eine übermenschliche Instanz, die uns von allen Übeln und Sünden befreit. Sie soll sogar jene fatalen Phänomene lösen, die das Digitale bisher in der menschlichen Kommunikation hinterlassen hat, etwa die Hass- und Gewaltstürme im Internet. Facebook arbeitet daran jetzt mit Künstlicher Intelligenz… Doch das Virus deutet uns auch hier eine neue Wahrheit an. Nicht die Künstliche Intelligenz hat uns in der Abwehr der Infektion geholfen. Sondern menschlicher Verhaltenswandel. Solidarität. Gesunder Menschenverstand. Kooperation. SOZIO-Techniken, nicht digitale Wunder. Die Corona-App kann helfen, mehr aber auch nicht. Derzeit hört man überall die triumphale Vorstellung, dass die Covid-Krise „endgültig die Digitalisierung durchsetzt”. Tatsächlich wurde nie so viel videokonferenzt, geskyped und gehomeschooled wie heute. Gleichzeitig aber erfahren wir gerade dadurch, was wir existentiell vermissen. Und was an der bisherigen Digitalisierung grottenfalsch war. Gerade WEIL sich digitale Nutzungen jetzt beschleunigen, wird deutlich, dass Menschen immer auch analoge Wesen bleiben. Wie wichtig der Körper im Kommunizieren ist, der Augenkontakt, die Nähe, die Gestik, die PRÄSENZ. Die alten Kulturtechniken – Lesen, Schreiben, Singen, bidirektionales emotionales TELEFONIEREN – kehren in der Krise als verlorene Sehnsucht oder Retro-Realität zurück. Genau das könnte neue Bewegung in die techno-soziale Evolution bringen und den dunklen Kult des Digitalismus beenden. Ich nenne diese neue Phase der digitalen Säkularisierung das REALdigital. Oder HUMANdigital. Die Anzeichen für diesen Paradigma-Wandel sind deutlich. Es gerät etwas in Bewegung. Aufmerksamkeits-Symbionten wie Buzzfeed verlieren ihr Geschäftsmodell. Influencer geraten unter Legitimationsdruck. Immer mehr Menschen überprüfen ihre medialdigitalen Suchtmechanismen. Und Facebook reagiert zum ersten Mal ernsthaft auf die Kampagne #StopHateForProfit: Wo mächtige Anzeigenkunden wie Coca Cola, Starbucks, SAP und hunderte andere Weltkonzerne ihre Werbeetats zurückziehen, weil sie in Hass- und Fake-News-Orgien nicht mehr werben wollen, beginnt ein neues Spiel.

143 ZUKUNFT IST EINE ENTSCHEIDUNG

Stellen wir uns das Post-Corona-Zeitalter (PC im Gegensatz zu BC) einmal so vor: Donald Trump wird krachend abgewählt (oder fällt in ein unbekanntes dunkles Loch). Aus dem Dopaminausbruch der Erleichterung entsteht eine weltweite Euphorie des Aufbruchs, eine Welle der rebellischen Veränderung. Eine neue globale Jugendrebellion nimmt Fahrt auf, in der es um neue Antworten auf soziale, rassistische, ökologische Spaltungen geht – um das, was Menschen über alle Schranken und Grenzen verbindet. Im Zuge dieses Aufstands erfindet sich Amerika neu.

_Eine neue Ära der multipolaren globalen Kooperation beginnt, in der Länder Kulturen, Städte neue »glokale« Bündnisse entwickeln. Das ist mühsam, aber es passiert, weil durch Corona Empfindlichkeiten, Verletzbarkeiten der menschlichen Existenz, überdeutlich und dringlich wurden. Die lokalen Strukturen der Bürgergesellschaft werden gestärkt. Das vielgescholtene Europa entwickelt neues Selbstbewusstsein. Gleichzeitig erleben internationale Organisationen wie UNO, WHO, Greenpeace eine Renaissance.

_Die überbeschleunigten Märkte, die im Zentrum der Disruption durch Corona standen – Schlachthöfe, Kreuzfahrtschiffe, After-Ski-Ballermann, Billigflieger, Billigfleisch, Overtourism, Overmarketing – schrumpfen dauerhaft, oder werden zumindest verlangsamt. Die neue Weltwirtschaft wächst langsamer, aber auch qualitativer. Es geht im Business der 20er Jahre deutlich mehr um Nachhaltigkeit, Sinnhaftigkeit, Purpose.

_Innovative Ideen über menschliche Gemeinschaft, das Leben in der Stadt, die Frage, wie wir sozial UND individuell zusammenleben wollen, wie wir das Ökologische und das Technische verbinden, gewinnen deutlich an Bedeutung. Der »New Green Deal« führt dazu, dass der Zeitvorteil, den uns die Corona-Krise in Sachen Erderhitzung verschaffte – die CO2-Emissionen fielen auf den Stand von 2010 zurück – tatsächlich genutzt wird. Die postfossile Energiewende rückt endlich in den Bereich des Möglichen, ja Wahrscheinlichen.

Unmöglich? Viel zu optimistisch? „Kann gar nicht sein?” Was macht diese Variante der Zukunft unwahrscheinlicher als die Alternativen der ewigen Verschlechterung? Was nehmen wir wahr? Wir kommen an dieser Stelle nicht ohne den Begriff der Verantwortung aus. Genauer: Der Selbst-Verantwortung.

Verantwortung entsteht aus Entscheidung. Wir entscheiden uns für etwas Bestimmtes, und verzichten auf Anderes. Wir entscheiden uns für einen Weg, den wir bei vollem Bewusstsein gehen.

Wir entscheiden uns zum Beispiel, uns gegenseitig im Internet gegenseitig anzubrüllen. Oder damit aufzuhören. Wir entscheiden uns, uns durch die Populisten 15Angst machen zu lassen. Oder zu erkennen, wie lächerlich diese Gestalten in Wahrheit sind.

Oder wir entscheiden uns, nicht mehr das, was uns die Medien als „Realität“ verkaufen, mit der Wirklichkeit mit ihren Vielfältigkeiten, dynamischen Widersprüchen und Wundern zu verwechseln.

Wir entscheiden uns, kein Schweinefleisch mehr zu essen, anstatt darüber zu klagen, dass „die Fleischindustrie sich nie ändern wird“. Obwohl das womöglich nicht sofort die ganze Welt rettet, bringt es uns wieder ins innere Gleichgewicht. Und im Kleinen liegt, wie die Corona-Zeit uns gezeigt hat, auch das Große.

Wir entscheiden uns, konstruktiv zu werden. Statt ständig über die Welt zu klagen, erwachsen wir.

Die eigentliche Seuche, die Mega-Infektion unserer Zeit ist das, was ich den Narzisstischen Negativismus nennen möchte. Er besteht darin, dass wir mit dem Negativen unser instabiles Ego stabilisieren. Damit entsteht eine juissance – ein Begriff des Psychoanalytikers Jaques Lacan. Ein Genuss, der – zum Beispiel – durch die Bestätigung negativer Erwartungen entsteht. Schadenfreude trifft es nicht ganz. Eher: Schlechterwisserei. Wenn wir immer schon vorher wissen, dass es schiefgeht, glauben wir, nicht enttäuscht werden zu können.

Aber das ist ein Irrtum.

Wird die Welt nach Corona „eine andere“ sein? Eine bessere? Das können wir nicht endgültig wissen, denn die Zukunft hängt davon ab, ob wir uns für sie entscheiden.

In der Re-Gnose entscheiden wir, was wir der Zukunft GEBEN wollen. Wir hören auf, nur zu ERWARTEN. Damit wachsen wir über den inneren Troll heraus, der seine eigene Dunkelheit, seine innere Verworfenheit, seine Selbst-Abwertung mit der Welt verwechselt. So wie wir, wenn wir uns wirklich für die Liebe entscheiden, aufhören, vom Partner nur zu erwarten, dass er unsere Ansprüche erfüllt. Wir wachsen über unsere Erwartungen hinaus in neue Wahrheiten hinein. Wir öffnen uns nach vorne, ins Leben, in die Zukunft. Mit allem, was da kommt.

Jetzt ist die Zeit dafür. Wann, wenn nicht jetzt.

Be water, my friend.

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Details

Seiten
295
ISBN (ePUB)
9783800662326
ISBN (PDF)
9783800662319
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (April)
Schlagworte
Agilität Generation Y Generation Z New Work Talentmanagement

Autor

  • Steffi Burkhart (Herausgeber:in)

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