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Produktionscontrolling

Strategie, Investition, Kosten und Kennzahlen

von Axel Georg Schwellnuß (Autor:in)
339 Seiten

Zusammenfassung

Praxisorientierte Einführung in das Produktionscontrolling

Dieses kompakte Buch führt in die Grundlagen des Produktionscontrollings ein und folgt einem ganzheitlichen Ansatz: Bevor überhaupt produziert werden kann, ist zu entscheiden, was produziert werden soll. Daran schließen sich Standortentscheidungen und der Aufbau einer Produktionsstätte an. Im Einklang mit der Strategie ist die Produktion in taktischer und operativer Hinsicht weiterzuentwickeln. Produkt- und Prozessinnovationen sind zu entwickeln, eine nicht mehr sinnvolle Produktion ist zu beenden. Krisenbedingt können temporäre Stilllegungen hilfreich sein. Nicht außen vor bleibt das operative Tagesgeschäft, für dessen Steuerung betriebswirtschaftliche Instrumente wie Kostenrechung und Kennzahlen zum Einsatz kommen.

Aufgrund des sehr praxisorientieren Aufbaus wendet sich dieses Buch vor allem an Fach- und Führungskräfte in produzierenden Unternehmen, bspw. Führungskräfte mit einem ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund, sowie an Studierende mit einem entsprechenden Schwerpunkt.

Aus dem Inhalt
  • Controlling in produzierenden Unternehmen: Controllinginstrumente
  • Festlegungen zum langfristigen Produktionsprogramm: Produktionsprogramm, Target Costing, Fertigungstiefe
  • Erstmalige Bereitstellung der benötigten Kapazitäten: finanzielle Mittel für einen Produktionsstandort
  • Veränderungen bei bereits bestehenden Standorten: Innovationen, Investitionen
  • Produktionsbegleitende Unterstützung des Managements: Kostenplanung, Kostenkontrolle, Preisveränderungen, kurzfristige Programmplanung
  • Kennzahlen in produzierenden Unternehmen: Forschung und Entwicklung, Produktion und Prozesse, Qualität

Dr. Axel-Georg Schwellnuß ist Unternehmensberater und Verwalter der Professur für Rechnungswesen und Controlling am Institut für Duale Studiengänge der Fakultät Management, Kultur und Technik der Hochschule Osnabrück in Lingen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


XIAbkürzungen und Symbole

AC

Actual Cost

AZ

Auszahlung

C0

Kapitalwert zum Zeitpunkt 0

CEO

Chief Executive Officer

CFO

Chief Financial Officer

CO2

Kohlenstoffdioxid

DB

Deckungsbeitrag

EBIT

Earnings before interests and taxes

EK

Eigenkapital

EKR

Eigenkapitalrentabilität

enth.

enthalten

entn.

entnommen

et al.

und andere

EW

Endwert

EZ

Einzahlung

EZÜ

Einzahlungsüberschuss

EV

Earned Value

FK

Fremdkapital

FKZ

Fremdkapitalzinssatz

FMEA

Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse

früh.

frühest

GE

Geldeinheiten

ggf.

gegebenenfalls

ggü.

gegenüber

GKR

Gesamtkapitalrentabilität

h

hour

i

Kalkulationszinssatz

i. e. S.

im engen Sinn

i. w. S.

im weiten Sinn

IT

Informationstechnologie

K

Kosten

Kap.

Kapitel

kfr.

kurzfristig

kv

variable Kosten pro Mengeneinheit

Kf

fixe Kosten einer Periode

Kp

Plankosten einer Periode

Kv

variable Kosten einer Periode

lfr.

langfristig

ME

Mengeneinheit

p

Absatzpreis pro Mengeneinheit

PV

Planned Value

XIIri

Menge eines Produktionsfaktors

S.

Seite

spät.

spätest

St.

Stück

stat.

statisch

Std.

Stunde

Su.

Summe

T

Tausend

x

Menge (zum Beispiel Stück, Liter, m2, Stunden)

U

Umsatz einer Periode

VG

Verschuldungsgrad

vgl. 

vergleiche

z. B.

zum Beispiel

Zahlungsüberschuss

11 Produzierende Unternehmen

Zur Einstimmung in das Thema

Dieses Buch folgt einem ganzheitlichen Ansatz. Thema sind produzierende Unternehmen. Bevor produziert wird, muss zunächst bestimmt werden, was produziert werden soll. Gerade unsere schnelllebigen Märkte zeigen, dass man immer wieder neu überlegen muss, welche Produktionstätigkeiten lohnend sind. In der globalisierten Welt kommt hinzu, dass man auch dem Produktionsstandort selbst eine besondere Bedeutung widmen sollte. Nicht ohne Grund findet man überall in der Welt lokale Häufungen bestimmter Unternehmen. Neun der zehn gemäß ihrer Börsennotierung wertvollsten Unternehmen der Welt haben ihren Sitz in den Vereinigten Staaten. Produzierende Unternehmen, bei denen die Lohnkosten einen hohen Kostenfaktor darstellen, findet man gehäuft in den verschiedenen asiatischen Ländern. Andere Unternehmen brauchen das kreative Umfeld, wie es in Deutschland beispielsweise Regionen wie München oder Berlin bieten. Der Aufbau eines neuen Produktionsstandorts darf keine Fehlinvestition werden. Wichtig ist, Probleme beim Aufbau eines Standorts rechtzeitig zu erkennen und dann gegenzusteuern. Besteht ein Produktionsstandort, ist dieser weiterzuentwickeln. Hierzu gehören ständige Innovationen bei den Prozessen und Produkten, Investitionen, aber auch die Aufgabe eines Standorts, wenn man erkennt, dass das investierte Kapital sinnvoller verwendet werden kann. Die laufende Produktion soll effektiv und effizient stattfinden. Diese Themen sind Inhalt dieses Buches. Im ersten Kapitel werden einige praktische und theoretische Grundlagen zu produzierenden Unternehmen behandelt.

Produzierende Unternehmen stehen für einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung. Abgrenzen lassen sich produzierende Unternehmen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Der Begriff „Produktion“ wird häufig auch für Leistungserstellungsprozesse in Dienstleistungsunternehmen benutzt. In Abgrenzung hierzu wird in der Literatur, sofern Leistungserstellungsprozesse in Dienstleistungsunternehmen ausdrücklich ausgeklammert bleiben sollen, die Produktion auf industrielle Produktionsprozesse beschränkt. Das Buch folgt diesem Ansatz, allerdings mit der additiven Berücksichtigung von Handwerksbetrieben. Anders als zwischen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen bestehen zwischen industriellen und handwerklichen Unternehmen hinsichtlich der Art der Leistungserstellung und der Art der erstellten Erzeugnisse viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede.

Für eine Zuordnung von Unternehmen zur Industrie oder zum Handwerk ist eine Gesamtbetrachtung notwendig. Ein einzelnes Kriterium reicht nicht aus. Sowohl in Handwerk als auch Industrie werden zur Leistungserstellung Maschinen eingesetzt. Dominieren Maschineneinsatz und Automatisierung die Leistungserstellung, dann handelt es sich eher um einen Industriebetrieb, kommt es eher auf das Geschick und die handwerklichen Fähigkeiten der Beschäftigten an, dann spricht das für ein handwerklich orientiertes Unternehmen. Die Arbeitsteilung ist in der Industrie deutlich ausgeprägter als im Handwerk. Auftragsfertigung gibt es sowohl im Handwerk als auch der Industrie, die ausschließliche Produktion auf Lager ist ein grundlegendes Kennzeichen für Industriebetriebe. Als abschließendes Kriterium sei die Betriebsgröße, gemessen an der Anzahl der Beschäftigten, der räumlichen 2Ausdehnung und Anzahl der Produktionsorte sowie wirtschaftliche Größen wie Umsatz und betriebsnotwendiges Kapital, genannt.

Ausgeklammert bleiben bei dieser Sichtweise Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Dennoch sollten – wie die folgenden Ausführungen noch zeigen werden – sich insbesondere Handelsunternehmen auch mit produzierenden Unternehmen auseinandersetzen. In einer digitalisierten und globalisierten Welt müssen Handelsunternehmen – wenn nicht aus eigenem Interesse, dann aber spätestens auf Druck ihrer Kunden – die Produktionsprozesse ihrer Lieferanten hinterfragen. Umgekehrt wird von produzierenden Unternehmen zunehmend verlangt, ihre Kunden nicht nur mit ihren Erzeugnissen zu beliefern, sondern auch zu prüfen, wofür diese Kunden die Erzeugnisse benötigen (siehe das folgende Praxisbeispiel). Will man den daraus möglicherweise resultierenden Problemen als produzierendes Unternehmen aus dem Wege gehen, dann wird es immer wichtiger, proaktiv über das Unternehmen mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, um die Akzeptanz in der Breite der Gesellschaft nicht zu verlieren.

Praxisbeispiel: Zur Nachhaltigkeit und Wahrnehmung der Aktivitäten von Siemens in der Öffentlichkeit

„Das erste Quartal des Geschäftsjahrs startete wie erwartet verhalten. Zugleich steht Siemens im Mittelpunkt der Klimadebatte. Aktivisten der Bewegung »Fridays for Future« und andere Umweltorganisationen meldeten sich lautstark zu Wort. Sowohl in den sozialen Medien als auch auf der Straße. Und das tun sie auch hier auf und am Rande der Hauptversammlung.

Unser Beitrag zur Nachhaltigkeit Siemens steht im Mittelpunkt der Klimadebatte. Aber leider nicht, weil wir bis 2030 klimaneutral sein wollen. Schon vor knapp fünf Jahren verpflichteten wir uns als erstes großes Industrieunternehmen der Welt dazu. Auch nicht deshalb, weil wir heute schon fast die Hälfte der Strecke bis zur Klimaneutralität erfolgreich zurückgelegt haben. Und schon gar nicht deshalb, weil wir es unseren Kunden ermöglichen, CO2 einzusparen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr waren es Einsparungen in Höhe von fast 640 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht übrigens 80 Prozent der gesamten CO2-Emissionen Deutschlands.

Nein. Wir stehen im Mittelpunkt, weil wir einen Auftrag angenommen haben. Wir liefern die Signaltechnik für die Zugverbindung zwischen einer Kohlemine und einem Ausfuhrhafen. Darüber hat die Öffentlichkeit viel diskutiert und geschrieben. Und es gibt dazu viele Meinungen und Emotionen.“

Aus der Rede des Siemens-Chefs Joe Kaeser auf der Hauptversammlung am 05.02.2020 in München

Produzierende Unternehmen und Geschäftsmodelle

Unternehmen lassen sich unter verschiedensten Gesichtspunkten systematisieren, betrachten und analysieren. In Abgrenzung zu Handels- und Dienstleistungsunternehmen liegt das Sachziel produzierender Unternehmen in der Produktion von Gütern. In marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystemen bestimmen Unternehmen unter Beachtung gegebener Rahmenbedingungen eigenständig, wie sie ihre unternehmerische Tätigkeit gestalten wollen. Sie entscheiden darüber, welche Güter in welcher Form im Markt angeboten und in welchem Umfang Vorprodukte zugekauft werden sollen. Entscheidungen sind über geeignete Produktionsstandorte, die Rechtsform und die organisatorische Konzeption zu treffen.

3Unternehmen basieren auf Geschäftsmodellen. Ein Geschäftsmodell beschreibt, wie sich ein Unternehmen im Wettbewerb behaupten will. Unternehmen können auf einem nur temporär begrenzt nutzbaren Geschäftsmodell (zum Beispiel zeitlich befristete Arbeitsgemeinschaften mehrerer Unternehmen bei größeren Straßenbauprojekten) basieren, sie können aber auch – und das dürfte für die Mehrheit der Unternehmen gelten – grundsätzlich dauerhaft im Markt bestehen wollen. Im letztgenannten Fall muss das Geschäftsmodell im Zeitablauf entsprechend veränderbar und anpassbar sein, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein einmal konzipiertes Geschäftsmodell im Zeitablauf unverändert beibehalten werden kann. Alternativ kann aus Sicht eines Unternehmens ein nicht mehr wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell auch aufgegeben und durch ein neues Geschäftsmodell ersetzt werden. Große Unternehmen oder Konzerne können auch mehrere Geschäftsmodelle betreiben.

Produktionsprozesse sind auch für Unternehmen relevant, die – strenggenommen betrachtet – bestimmte Produktionen nicht vornehmen oder gar nicht selbst produzieren

Produzierende Unternehmen sind Inhalt dieses Kapitels und Thema dieses Buches. Sich mit produzierenden Unternehmen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu beschäftigen bedeutet aber nicht, dass man selbst Teil des Managements oder gar Eigentümer eines bestimmten Unternehmens ist. In der globalisierten Welt werden immer häufiger Dritte für Produktionsprozesse in anderen Unternehmen verantwortlich gemacht. Das gilt beispielsweise für Hersteller von Nahrungsmitteln, die für Produktionsprozesse ihrer Zulieferer aus Sicht der allgemeinen Öffentlichkeit mit in Verantwortung stehen. Diese Problematik betrifft auch Handelsunternehmen beispielsweise aus dem Textilsektor, die ihre unter Eigennamen hergestellten Kollektionen ausschließlich beziehungsweise im Wesentlichen in Unternehmen außerhalb des eigenen Konzerns herstellen lassen. Die „Grenze zwischen Produktion und Handel ist längst fließend“, titelte hierzu „Die Zeit“ im November 2016 (https://www.zeit.de/2016/47/textilhersteller-online-auftritt-e-commerce, 28.07.2020). Diese Entwicklung, im Markt angebotene Leistungen in anderen Unternehmen herstellen zu lassen, bleibt nicht auf die Textilbranche beschränkt. Apple und andere Hersteller von elektrotechnischen Geräten lassen ihre Produkte auch in nicht zum Konzern zugehörigen Unternehmen, so etwa dem im chinesischen Shenzhen tätigen Unternehmen Foxconn, fertigen.

Der Volkswagenkonzern fertigt im Vergleich zu wesentlichen Wettbewerbern, insbesondere Toyota, viele Komponenten im eigenen Konzern, aber aufgrund der Vielfalt und globalen Aufstellung des Konzerns nicht in einem einzigen Werk (https://www.vdi-nachrichten.com/fokus/die-krux-mit-der-fertigungstiefe, 28.07.2020). Werksstandorte, die Leistungen aus anderen Werken des Konzerns beziehen, werden sich dementsprechend auch für die anderen Werksstandorte interessieren und gegebenenfalls ihren Einfluss ausüben. Hinzu kommt in diesen Konzernen, dass über Zertifizierungen auch auf Zulieferer außerhalb des eigenen Konzerns Einfluss genommen wird. Nicht unerwähnt bleiben soll der Druck, den Handelsunternehmen auf Hersteller ausüben können, wenn diese sich bei den turnusmäßig anstehenden Einkaufsgesprächen nicht im Sinne des Handels bewegen. Sortimente bestimmter Hersteller können nicht nur schlechter platziert, sondern temporär oder gar langfristig aus dem Angebot des Handelskonzerns genommen werden.

4In einer globalen und vernetzten Welt sind Unternehmen gezwungen, sich mit der Produktion, die grundsätzlich im eigenen Hause aber auch außerhalb realisiert werden kann, auseinanderzusetzen. Natürlich differieren konkrete Fragestellungen. Streng operative, im Extremfall tagtäglich zu treffende Entscheidungen spielen bei einer Fertigung außerhalb des eigenen Unternehmens eine tendenziell untergeordnete Rolle.

1.1 Das Produktionssystem

Sachziel produzierender Unternehmen ist die Erstellung von Leistungen. Bei den im Rahmen der Produktion erbrachten Leistungen sind Absatzleistungen von internen Leistungen, zum Beispiel die Erzeugung von elektrischer Energie mithilfe von Dampfturbinen, zu unterscheiden. Bei der Produktion handelt es sich um einen Faktorkombinations- und Wertschöpfungsprozess. Als Subsystem des Unternehmens ist die Produktion zwischen Beschaffung und Absatz eingebettet. Leistungsprozesse in der Beschaffungs- und Absatzphase zählen nicht zur Produktion. Wie die folgende Abbildung zeigt, benötigt die Produktion als Input Leistungen seitens des Beschaffungssystems, Absatzleistungen als Output der Produktion sind vom Vertrieb im Markt zu veräußern.

Abb. 1.1: Elemente des Produktionssystems

Input

Das Produktionssystem agiert nicht selbst auf den Beschaffungsmärkten. Der für die Produktion benötigte Input erfolgt für materielle und immaterielle Einsatzfaktoren durch das Beschaffungssystem, das Personalsystem sorgt für die Bereitstellung des für die Produktion benötigten Personals. In der Literatur findet für den Input der Begriff Produktionsfaktor weite Verwendung.

Produktionsfaktoren können entgeltlich, aber auch unentgeltlich eingesetzt werden. Unentgeltlich nutzbare Produktionsfaktoren sind frei verfügbare und verwendbare Güter. Diese lassen sich als öffentliche Güter bezeichnen. Kennzeichen öffentlicher Güter ist, dass Dritte von der Nutzung nicht ausgeschlossen sind. Öffentliche Güter können beispielsweise die nächtliche Beleuchtung öffentlicher Plätze, öffentliche Parkanlagen oder die Natur selbst sein. Der Gesetzgeber kann für die Nutzung, die Verwendung oder den Verbrauch öffentlicher Güter ein Entgelt verlangen, damit verlieren diese Güter ihren ursprünglichen Charakter. Die Nutzung, der Verbrauch oder die Belastung von in der Natur enthaltenen Gütern wie Luft oder Wasser kann gesetzlich eingeschränkt werden. So fallen für die Verwendung von Wasser und die Ableitung von Abwasser seit Langem Entgelte an. Zum Schutz des Klimas hat der Bundestag im November 2019 ein Gesetz angenommen, in dem Klimaschutzziele gesetzlich normiert werden und Belastungen des Klimas durch Entgelte beschränkt werden sollen.

5Für die Masse der Produktionsfaktoren müssen seitens der Unternehmen Entgelte erbracht werden. Damit erhalten die Produktionsfaktoren einen Wert, der im Rechnungswesen des Unternehmens abzubilden ist. Das Rechnungswesen enthält für die Führung und das Controlling eines Unternehmens wesentliche Informationen. Darüber hinaus dienen öffentlich einsehbare Teile des Rechnungswesens, insbesondere der Jahresabschluss, externen Interessenten und Adressaten der Rechnungslegung als grundlegende Informationsquelle.

Üblicherweise wird in Unternehmen differenziert erfasst, wann die Produktionsfaktoren aus Sicht des Unternehmens verfügbar sind (zum Beispiel Eingang der Rohstoffe im Lager) und wann sie tatsächlich im Produktionsprozess eingesetzt werden. Die grundsätzliche Verfügbarkeit führt zu Ausgaben, der spätere Verbrauch zu Aufwand oder Kosten, je nachdem ob der Verbrauch durch Instrumente des externen oder internen Rechnungswesens dokumentiert wird. Bei bestimmten Produktionsfaktoren ist der Zeitpunkt der Verfügbarkeit und des Verbrauchs identisch, insbesondere beim Bezug und zeitlich simultanen Verbrauch von Strom eines externen Anbieters. Zugegangene Produktionsfaktoren, die noch nicht verbraucht wurden, werden als Vermögensgegenstände des Unternehmens in der Bilanz ausgewiesen.

In Anlehnung an Erich Gutenberg (vgl. Gutenberg 1983, S. 3–5) differenziert man die Produktionsfaktoren in Elementarfaktoren und dispositive Faktoren. Zu den Elementarfaktoren zählen die objektbezogene menschliche Arbeitsleistung, die Werkstoffe sowie die Betriebsmittel. Während Werkstoffe, hierzu zählen insbesondere Rohstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe, im Produktionsprozess verbraucht werden, können Betriebsmittel, beispielsweise Maschinen oder Gebäude, über einen längeren Zeitraum genutzt werden. Von Menschen erbrachte objektbezogene Arbeitsleistungen können entsprechend den zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen geschlossenen Verträgen im Produktionsprozess eingebracht werden. Die dispositiven Faktoren können unter dem Begriff Management zusammengefasst werden.

Wichtig ist die Finanzierung eines Unternehmens. Jede unternehmerische Tätigkeit verlangt finanzielle Mittel. Probleme bei der Finanzierung eines Unternehmens können zur Insolvenz führen. Die Beschaffung von Produktionsfaktoren verursacht Auszahlungen, die zeitlich gesehen vor den Einzahlungen liegen, die mit dem Output eines Unternehmens nach einem Verkauf erzielt werden können. Besonders deutlich wird dieser Sachverhalt bei der Beschaffung einer Maschine, die mehrere Jahre zur Leistungserstellung genutzt werden kann. Mit dem Kauf der Maschine verpflichtet sich das Unternehmen zur Bezahlung des Kaufpreises für diese Maschine. Die entsprechende Auszahlung erfolgt zeitnah zur Beschaffung. Einzahlungen erhält das Unternehmen allerdings erst danach über mehrere Jahre verteilt, aufgrund der Verkäufe der Erzeugnisse, die mit der Maschine hergestellt wurden. Zur Finanzierung dieser und anderer Sachverhalte stehen einem Unternehmen eine Vielzahl von Instrumenten bereit, die effizient eingesetzt werden müssen. Eine Kapitalflussrechnung ist ein adäquates Instrument zur Fundierung von Finanzierungsentscheidungen. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind zur Aufstellung einer Kapitalflussrechnung verpflichtet. Unabhängig davon dient sie als unterjähriges Instrument im Finanzcontrolling.

6Throughput

Unter Throughput versteht man die Transformation der Produktionsfaktoren zu Zwischen- und Endprodukten sowie innerbetrieblichen Leistungen. Sie ist wesentlicher Teil der betrieblichen Wertschöpfung. Innerbetriebliche Leistungen werden im Produktionsbereich im Rahmen der Leistungserstellung benötigt, handelt es sich beispielsweise um Energie, kann diese Leistung auch in Unternehmensbereichen außerhalb der Produktion Verwendung finden. Zwischenprodukte und die im Produktionsprozess verbleibenden innerbetrieblichen Leistungen müssen bekannt, mengenmäßig erfasst und bewertet werden, damit sie adäquat gemanagt werden können.

Mit Produktionsfunktionen werden Zusammenhänge zwischen dem Verbrauch von Produktionsfaktoren und dem im Transformationsprozess entstehenden Output beschrieben. Die Relation zwischen dem Einsatz von Produktionsfaktoren und dem Output kennzeichnet die Produktivität:

Um einen bestimmten Output entsprechend dem Minimumprinzip zu erhalten, ist der Input zu minimieren. Bei dem Maximumprinzip ist bei gegebenem Produktionsfaktoreinsatz ein hoher Output zu erzielen. Da eine bloße Addition der Einsatzmengen der Produktionsfaktoren aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit nicht zielführend ist, sind Teilproduktivitäten aus Sicht des mengenmäßig zu bestimmenden Produktionsfaktoreinsatzes zu berechnen. Die Arbeitsproduktivität zeigt das Verhältnis zwischen Output und der dafür notwendigen durch Beschäftigte des Unternehmens geleisteten Arbeitsmenge. Die Arbeitsmenge kann in Zeiteinheiten gemessen oder in Form der Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter bestimmt werden. Ferner ist eine Aussage dahingehend zu treffen, welche Mitarbeiter in die Berechnung einbezogen werden sollen. Will man die Produktion eines Unternehmens betrachten, dann bietet es sich an, ausschließlich die in der Fertigung tätigen Mitarbeiter einzubeziehen. Mit dieser Kennzahl lassen sich Produktionswerke untereinander vergleichen. Bei der Interpretation dieser Kennzahl ist zu beachten, dass Abweichungen bei der Fertigungstiefe der Werksstandorte berücksichtigt werden müssen. Gleiches gilt für den Werksvergleich bei nicht einheitlichem Output.

Die Berechnung von Teilproduktivitäten kann für weitere Produktionsfaktoren vorgenommen werden. Bei der Maschinenproduktivität wird das Verhältnis von Output und eingesetzten Maschinen oder der angefallenen Maschinenstunden berechnet. Hierbei ist es sinnvoll, nicht die Anzahl oder die Maschinenstunden unterschiedlichster Maschinen zu addieren, sondern diese Kennzahl ausschließlich für bestimmte Maschinenarten, beispielsweise CNC-Maschinen oder Roboter, zu berechnen. Die Kennzahlen Arbeitsproduktivität und Maschinenproduktivität müssen im Zusammenhang gesehen werden. Werden in einem Unternehmen für viele Tätigkeiten Maschinen eingesetzt, die in einem anderen Unternehmen mit weniger Maschinen aber mehr Mitarbeitern erledigt werden, dann hat man im ersten Unternehmen für die Arbeitsproduktivität einen höheren und für die Maschinenproduktivität einen niedrigeren Wert als in dem anderen Unternehmen.

7Setzt man die Anzahl der hergestellten Erzeugnisse in Relation zu den dafür eingesetzten Rohstoffen, ergibt sich die Rohstoffproduktivität. In der Fleisch- und Wurstwarenindustrie und bei anderen Herstellern von Lebensmitteln findet man Angaben zur Rohstoffproduktivität auf den Verkaufsverpackungen. Benötigt man für ein Endprodukt mehr als 100 % eines Einsatzstoffes, typischerweise bei der Herstellung von Salami und dem Einsatz des dafür benötigten Schweinefleisches, dann findet sich aufgrund des Verarbeitungsprozesses der Rohstoff nicht in vollem Umfang im Endprodukt wieder. Beträgt die Rohstoffproduktivität für das Schweinefleisch beispielsweise 0,97, dann benötigt man für die Produktion von 1,0 kg Salami 1,031 kg Schweinefleisch. Da im Endprodukt nicht nur Schweinefleisch, sondern weitere Bestandteile enthalten sind, kann die Rohstoffproduktivität alternativ nur auf den Schweinefleischanteil im Endprodukt berechnet werden. Liegt der Schweinefleischanteil bei 80 %, dann nimmt die Rohstoffproduktivität den Wert 0,78 an. Handelt es sich im Vergleich zu den anderen Rohstoffanteilen um einen kostenintensiven Rohstoff, dann kann durch Reduzierung des Schweinefleischanteils im Endprodukt und Erhöhung der Rohstoffproduktivität die Wirtschaftlichkeit verbessert werden.

Bewertet man Input und Output in Geldeinheiten, drückt das die Wirtschaftlichkeit der produktiven Tätigkeit aus:

Neben der Bestimmung der Wirtschaftlichkeit auf Basis von Größen der Kostenrechnung können auch andere Wertgrößen, zum Beispiel Erträge und Aufwendungen, zur Berechnung herangezogen werden. Anders als bei den differenziert zu ermittelnden Produktivitäten lässt sich die Wirtschaftlichkeit für ein Erzeugnis insgesamt berechnen. Die Kosten beinhalten alle für das Erzeugnis relevanten Produktionsfaktoren, die in Geldeinheiten berechnet werden. Bei gegebenen Kosten bestimmt der Wertansatz für die Leistung den Wert der Wirtschaftlichkeit. Dies ist von Bedeutung, wenn Leistungen noch nicht dem Verkauf zugeführt wurden.

Ergänzend zur Berechnung der Produktivität und Wirtschaftlichkeit kann die Effizienz der Produktion anhand von Rentabilitäten bestimmt werden. Basierend auf dem verbreiteten DuPont-Kennzahlensystem ergibt sich die Spitzenkennzahl Return on Investment (ROI) durch Multiplikation der Kennzahlen Umsatzrentabilität und Kapitalumschlagshäufigkeit:

Abb. 1.2: Return on Investment als Produkt von Umsatzrentabilität und Kapitalumschlag

8Neben den bereits betrachteten Zielgrößen sind von Unternehmen und somit auch mit der Produktionstätigkeit, weitere Rahmenbedingungen und Zielsetzungen zu beachten. Zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit und den damit verbundenen Folgen, ist auf die jederzeitige Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit zu achten. Die Nachhaltigkeit der unternehmerischen Tätigkeit spielt nicht erst in der heutigen Zeit eine bedeutende Rolle. Im Unterschied zu früher, muss heutzutage nachhaltiges Handeln proaktiv nach außen erfolgreich kommuniziert werden.

Produktionsfunktionen veranschaulichen den Zusammenhang zwischen Produktionsfaktoren und Output. Ausgangspunkt der in der Theorie entwickelten Produktionsfunktionen ist die Produktivität. Für einen bestimmten Output benötigt man verschiedene Produktionsfaktoren in bestimmten Mengen. Hinsichtlich der Austauschbarkeit der Produktionsfaktoren kann zwischen limitationalen und substitutionalen Produktionsfunktionen differenziert werden:

Abb. 1.3: Austauschbarkeit der Produktionsfaktoren in Produktionsfunktionen

Im Gegensatz zu limitationalen Produktionsfunktionen können bei substitutionalen Produktionsfunktionen höhere Ausbringungsmengen durch veränderte Einsatzmengen nur eines Produktionsfaktors bei Konstanz der anderen Produktionsfaktoren erzielt werden. Verringert sich alternativ die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors, kann dies durch Erhöhung der Einsatzmenge eines anderen Produktionsfaktors ausgeglichen werden, wenn die Leistungsmenge insgesamt unverändert bleiben soll. Zu unterscheiden ist zwischen partieller und totaler Substitutionalität. Bei partieller Substitutionalität kann im Gegensatz zu einer totalen Substitutionalität nicht vollständig auf einen Produktionsfaktor verzichtet werden.

Als Beispiel für eine substitutionale Produktionsfunktion gilt eine Produktionsfunktion nach dem Ertragsgesetz. Bei dieser, auch als Produktionsfunktion vom Typ A bezeichneten Funktion, handelt es sich um eine Produktionsfunktion mit partieller Substitutionalität. Für landwirtschaftliche Produktionsprozesse gilt, dass die Verringerung eines Produktionsfaktors innerhalb bestimmter Grenzen durch vermehrten Einsatz anderer Produktionsfaktoren ausgeglichen werden kann. Folgende Abbildung zeigt für einen Produktionsfaktor, wie sich Mengenvariationen auf den Output auswirken können:

9

Abb. 1.4: Produktionsfunktion nach dem Ertragsgesetz

Man erkennt an obenstehender Abbildung, dass die Ertragskurve einen progressiven Verlauf im Bereich zwischen den Punkten A und B hat. Der Ertrag bei Erhöhung des Produktionsfaktors r1 und Konstanz der anderen Produktionsfaktoren nimmt überproportional zu. Die maximale Produktion ist im Punkt D erreicht. Zwischen den Punkten B und D besteht nur noch ein degressiver Kurvenverlauf und Ertragszuwachs.

Die Wurzeln der Entwicklung ertragsgesetzlicher Produktionsfunktionen liegen im 18. Jahrhundert und basieren auf Überlegungen zum Produktionsfaktoreinsatz bei landwirtschaftlichen Produktionsprozessen. Relevant sind substitutionale Produktionsfunktionen auch in der heutigen Zeit bei industriellen Produktionsprozessen, wenn ein bestimmtes Endprodukt durch den substitutionalen Einsatz von Produktionsfaktoren erzielt werden kann. Solche Verhältnisse liegen beispielsweise bei der industriellen Produktion von Convenience-Produkten in der Nahrungsmittelindustrie vor und werden von Herstellern intensiv genutzt. Anteile teurer Produktionsfaktoren können je nach Preisentwicklung in bestimmten Mengen durch günstigere Produktionsfaktoren substituiert werden, ohne dass es sich aus Sicht vieler Kunden um ein anderes Produkt handelt. Vergleichbares gibt es in der Textilindustrie. Wollprodukte aus Schurwolle können variierbare Beimischungen aus Kunstfasern enthalten, um die Produkte günstiger im Markt anbieten zu können.

Kennzeichnend für limitationale Produktionsfaktoren (Produktionsfunktionen vom Typ B) ist, dass durch eine partielle Variation der Einsatzmenge eines Produktionsfaktors eine Erhöhung der Ausbringungsmenge nicht bewirkt werden kann. Das Endprodukt verlangt den Einsatz von Produktionsfaktoren im gleichen Verhältnis. Ein Beispiel für eine solche Produktionsfunktion ist die Leontief-Produktionsfunktion. Zur Herstellung einer bestimmten Ausbringungsmenge sind Produktionsfaktoren in immer gleichen Mengenverhältnis notwendig. Das gilt beispielsweise für die zu verwendenden Rohstoffe in einem bestimmten Erzeugnis, wenn Variationen der Rohstoffmischung oder Materialzusammensetzung sofort zu einem anderen Erzeugnis oder zu einem Abfallprodukt führen. Besteht ein Tisch aus einer rechteckigen 10Tischplatte und jeweils vier Tischbeinen sowie jeweils vier Verbindungsstücken, mit denen die Tischbeine an der Tischplatte befestigt werden, und verfügt man über 17 Tischplatten, 50 Tischbeine und 60 Verbindungsstücke, dann lassen sich mit diesen Produktionsfaktoren 12 Tische herstellen. Die Tischbeine sind der limitierende Faktor. Da ein Tisch vier Tischbeine benötigt, bleibt ein Restbestand von zwei Tischbeinen übrig. Auch bei den anderen Produktionsfaktoren ergeben sich Restbestände.

Details

Seiten
339
ISBN (ePUB)
9783800661527
ISBN (PDF)
9783800661510
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Controlling Fertigung Kapazitätsplanung Produktionskennzahlen Standortplanung

Autor

  • Axel Georg Schwellnuß (Autor:in)

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Titel: Produktionscontrolling
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